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Interview "Wir sind STIMULATE" mit Prof. Georg Rose
Interviewter: Prof. Georg Rose
Stelle: Vorstandsmitglied
Interviewer:innen: Julian Rudat & Lea Nickel
Datum: 02.02.2022
Guten Morgen, Georg. Vielen Dank, dass du dir heute Zeit für unser Interview nimmst. Wie startest du gewöhnlich in den Tag?
Antwort:Während der Pandemie hat es sich etabliert, zu Hause am Computer zu starten. Ich sichte und beantworte meine Mails - sollten sie aber eine umfangreichere Arbeit erfordern, dann kommen sie auf eine To-do-Liste, die ich dann typischerweise am Wochenende abarbeite.
Bevor es STIMULATE gab, wie sah da dein Tag aus. Aus welchem Bereich kommst du ursprünglich?
Antwort: Bevor ich an die OVGU gekommen bin, war ich in der Industrie tätig, habe also keine ausschließlich akademische Karriere hinter mir. Ich habe bei den Phillips Forschungslaboratorien in Aachen, Hamburg und auch in Briarcliff in den USA in der industriellen Forschung gearbeitet, zuerst im Bereich Machine Learning und dann in der medizinischen Bildgebung. 2006 habe ich den Ruf an die OVGU in Magdeburg angenommen.
Du bist also schon viel durch die Welt gekommen, hast viele Leute und Institutionen kennengelernt.
Antwort: In der Tat. Das Netzwerk, welches ich mir während der außeruniversitären Zeit aufgebaut habe, war auch bei meinem Job an der OVGU Magdeburg sehr wichtig und hat dazu beigetragen, meine Ziele in die Tat umzusetzen. Ich glaube auch, dass viele Dinge, die man in der Industrie lernt, wie z.B. Management, Marketing, Teamwork und insbesondere starke Fokussierung auf die gemeinsamen Produkte, sehr gut auf die Tätigkeit an Universitäten übertragen werden können – auch eine Uni erzeugt „Produkte“, dieses sind Absolvent:innen und Forschungsergebnisse. Marketing beschränkt sich bei vielen Wissenschaftler:innen an der Hochschule auf die wissenschaftlichen Publikationen, dabei ist auch die populärwissenschaftliche Kommunikation, insbesondere auch in die Region, von großer Bedeutung, frei nach dem Motto: „Tue Gutes und sprich auch darüber.“
Du hast gerade über die Funktion des Networkings gesprochen. Deswegen die Frage: Networking – Hobby oder Arbeit?
Antwort: Es ist wohl eine Kombination aus beidem. Es ist essenziell, die Visionen und Vorstellungen mit anderen auszutauschen und weiter zu denken. Meine Erfahrung lehrt mich, dass die meisten guten Ideen in (Fach-)Gesprächen mit neuen Partnern, Kolleg:innen, bzw. Expert:innen entstehen. Ich glaube auch, dass die guten Kontakte zu unseren industriellen Partnern, so insbesondere zu Siemens Healthineers, auch damit zu tun haben, dass man das Networking eben nicht nur als Arbeit betrachtet, sondern sich auch mal „hobbymäßig“ trifft, vielleicht gemeinsam Abendessen geht und breit austauscht.
Du warst an der Universität und hattest die Vision „STIMULATE“. Wie genau sah diese Vision aus?
Antwort: Schon frühzeitig entstand die Vision und daraus dann auch das Ziel, an der OVGU und in Magdeburg einen Schwerpunkt im Bereich der Medizintechnik zu etablieren. Dieser Schwerpunkt bestand für mich schon immer aus einer symbiotische Kombination aus universitärer Forschung und Hightech-Industrie, denn ich glaube, nur so kann ein Schwerpunkt langfristig überleben. Der Kreislauf, bestehend aus dem Transfer von Forschungsergebnissen in die Industrie, welche dadurch innovative Produkte erzeugen und expandieren kann, wird bald positive Auswirkungen auf die Hochschule haben und diese mit interessanten Forschungsfragestellungen und Fördermitteln befruchten. Klar war mir jedoch, dass man mit dem Aufbau eines solchen „Medical Hub“ an der Universität starten müsste. Daher habe ich bereits im Jahre 2006 einen internationalen Masterstudiengang für Medizintechnik aufgebaut. Glücklicherweise hat das BMBF zu diesem Zeitpunkt mit dem „InnoRegio – Unternehmen Region“ ein sehr passendes Förderprogramm ausgeschrieben. In diesem Rahmen gelang es unserem Team, zahlreiche Förderprojekte einzuwerben, so insbesondere die INKA-Projekte im Rahmen des „Innoprofile Programms“, welche die Grundlage für die Einwerbung des Forschungscampus STIMULATE darstellten. Mit STIMULATE scheinen wir uns mit großen Schritten der Umsetzung dieser Vision zu näheren.
Hattest du dabei ein Vorbild?
Antwort: Ja, ich kannte so etwas bereits von Phillips. Ein paar Jahre bevor ich Philips verließ, hat dieses Unternehmen eine starke Fokussierung auf die Medizintechnik beschlossen und alle anderen Unternehmensteile verkauft. Dies führte dazu, dass das große Forschungsareal in Eindhoven nicht mehr benötigt wurde. Gemeinsam mit der Stadt hat man beschlossen, diese Büro- und Laborflächen an eine Betreibergesellschaft mit der Zielsetzung zu übertragen, einen Hightech-Campus mit akademischer und industrieller Forschung sowie jungen und innovativen Unternehmen zu entwickeln. Dies gelang tatsächlich innerhalb weniger Jahre: Der „Hightech-Campus Eindhoven“ ist heutzutage ein EU-weites Vorzeige-Projekt für die Umwandlung eines etwas „angestaubten“ Areals in einen modernen, urbanen und sehr attraktiven und inspirierenden Forschungscampus.
Die Vision hat sich also immer weiterentwickelt: Das ist ja auch wichtig – man sollte nie stillstehen. Was treibt dich persönlich an?
Antwort: Wie bei allen Wissenschaftler:innen – das Erzielen spannender Forschungsergebnisse und ihre Publikation, aber insbesondere auch ihre Verwertung in Produkte, welche den Menschen helfen. Am Herzen liegt mir auch das „Produkt“ Hochschulabsolvent:innen, welche bei uns gut ausgebildet in die Welt „ausströmen“ und zum Ruhm der Alma Mater beitragen. Insbesondere motiviert mich das Bild eines erfolgreichen und weltweit sichtbaren Forschungscampus, an dem meine Handschrift zu erkennen ist. Aber, ganz ehrlich, am meisten freue ich mich, wenn STIMULATE-Mitarbeitende großartige Ergebnisse erzielen und diese dann in Form einer Ausgründung zu einem ihrer wichtigsten Lebensziele machen.
In Kurzform: Wo siehst du STIMULATE in 5 Jahren?
Antwort: In 5 Jahren wird sich die letzte Phase der BMBF-Forschungscampus-Förderung dem Ende näheren. Zu diesem Zeitpunkt ist eine Verstetigung von STIMULATE besiegelt und der Forschungscampus stellt die zentrale Forschungsinstitution im Wissenschaftshafen – dem sogenannten Medical Engineering Science Harbor (MESH) - dar. MESH hat sich zu diesem Zeitpunkt zu einem Hightech-Öko-System entwickelt, in dem zahlreiche Medizintechnik-KMU sehr erfolgreich agieren und einige von ihnen sogar weltweite Maßstäbe setzen. Dabei setzten die hier entstandenen Hightech-Ausgründungen Neoscan Solutions, RAYDIAX, mediMESH und InLine-Med die zentralen Keime für die erfolgreiche Etablierung des MESH. Die Absolventen unserer Medizintechnik-Studiengänge wandern nicht mehr in andere Bundesländer ab, sondern finden attraktive Arbeitsplätze in diesem Medizintechnik-Ökozentrum.
Hast du bei der Gelegenheit noch etwas hinzuzufügen?
Antwort: Ganz wichtig ist mir zu betonen, dass wir in STIMULATE ein einmaliges Team haben, welches sich hochmotiviert und engagiert stark mit dem Forschungscampus identifiziert und unsere gemeinsame Vision teilt und kontinuierlich voranbringt. Das freut mich außerordentlich und macht mich sehr stolz! Diese Gelegenheit möchte ich aber auch nutzen, um mich beim Rektorat sowie der Universitätsverwaltung für ihre immer sehr konstruktive Unterstützung zu bedanken.
Vielen Dank für die schönen Schlussworte.
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